Sechs Gründe, warum ich beim Bürgerentscheid in Bonn mit „JA“ stimmen werde

In Bonn beginnt die „heiße Phase“ zur Abstimmung über den Bürgerentscheid, der die Sanierung und den Weiterbetrieb des Kurfürstenhallenbades in Bad Godesberg durchsetzen will. Dagegen steht die Mehrheit im Bonner Stadtrat mit seiner schwarz-grün-gelben Koalition und der Oberbürgermeister, der schon auf ganz konkrete Erfahrungen mit einem nicht ganz preiswerten Schwimmbadneubauversuch in Königswinter verweisen kann. Ich habe sechs Gründe, die mich zu einem eindeutigen „JA“ zum Bürgerentscheid bewegen. Auf den ersten Blick haben diese Gründe nicht direkt etwas mit dem Kurfürstenbad zu tun. Aber wenn man über die Stadtgrenzen hinausschaut, kann man von den Erfolgen und Fehlern anderer Kommunen auch für unsere Stadt lernen.

  1. In einer „wachsenden Stadt“ ist Zentralisierung der falsche Weg. Die Befürworter des Kurfürstenbades haben die Parole ausgegeben „ Vier Stadtteile – vier Bäder“. Dahin steckt keine „wünsch-Dir-was“-Naivität, sondern eine kluge Richtung für die Entwicklung einer wachsenden Stadt. Bonn gehört zweifelsohne zu den Wachstumsstädten in NRW. Je mehr Menschen Dienstleistungen und Angebote ihrer Stadt in unmittelbarer Nähe zum Wohnort oder in ihrem Stadtteil haben, desto höher die Lebensqualität. Das gilt für junge Menschen genauso wie für die älteren. Wir brauchen Stadtstrukturen, die diese Entwicklung berücksichtigen. Ein Hallenbad in einem Stadtteil mit 72.600 Menschen ist keine Forderung, die maßlos ist, sondern sogar genau das Gegenteil bedeutet: Menschen, die Stadtnahe in „ihr“ Bad gehen können, bleiben auch noch zum Einkauf oder auf einen Kaffee in der Innenstadt. Eine Situation, von der viele Bad Godesberger profitieren. Lebensqualität und wohnortnahe Infrastruktur gehören zusammen.
  2. Immer mehr Nichtschwimmer-Kinder – aber bitte keine politischen Krokodilstränen mehr! In der Politik wird landauf landab ganz laut aufgejault, wenn darauf hingewiesen wird, dass immer weniger Kinder in der 4. Grundschulklasse schwimmen können. Also müssen wir uns, das sagt der klare Menschenverstand, intensiv um das Schulschwimmen kümmern. Im Bonner Stadthaus heißt es, man habe „fast alle“ Schulen, die im Kurfürstenbad Schulschwimmen veranstaltete haben, in anderen Bädern untergebracht. „Fast alle“ sind eben nicht alle! Man sollte ganz genau hinhören, wenn von Schulschwimmen gesprochen wird. Da geht es nämlich nicht nur um den Unterricht, sondern auch um die Schwimmgelegenheit außerhalb der Schule. Ein Recht – und angesichts der größer werdenden Zahl der Nichtschwimmer-Grundschulkinder – die politische Verpflichtung auf wohnortnahe Angebote hat auch das Kind aus Mehlem, das nun nicht mehr mit dem Fahrrad ins Kurfürsten radelt, sondern sich auf den Weg nach Dottendorf machen muss.
  3. Bürgerengagement unterstützen, statt es schlecht zu reden! Dem Klagelied, das sich zu wenige Menschen in der Politik engagieren, kann man sicher zustimmen. Wenn sich aber Menschen zusammentun, um sich für und in ihrer Stadt zu engagieren, ist dies erst mal eine wunderbare Sache. Statt also Initiatoren, wie Herrn Axel Bergfeld, systematisch zu diskreditieren, sollte man sich darüber freuen, wenn sich demokratisches Bürgerengagement in der Stadt entwickelt. Für das Kurfürstenbad bleibt! ist es ja nicht ein Einzelner, sondern ein ganzes Team, mit vielen engagierten Bad Godesberger*innen. Wenn wir also eine lebendige Stadtgesellschaft wollen, die ihre Kompetenzen und Ideen einbringt, dann dürfen wir dieses Engagement nicht diskreditieren – egal ob für den Erhalt der vier Stadtteilbäder sind, oder ganz auf das Zentralbad setzen.
  4. Für die „rheinische Hausfrau“ eine Selbstverständlichkeit: Anschaffungen müssen gepflegt und Instandgehalten werden. Es ist eine Binsenweisheit, dass man öffentliche Einrichtungen pflegen muss, um sie zu erhalten. Das gilt nicht nur für Schwimmbäder, sondern auch für Schulen, Busse und Straßenbahnen, Turnhallen oder unsere Oper. Das Kurfürstenbad ist da nur eine unter mehreren Baustellen in Bonn. Was aber ist hier anders? Es kommen – bisher unbekannte Kosten auf den Betreiber zu, die wir alle gemeinsam werden tragen müssen. Das geplante Zentralbad wird von den Stadtwerken errichtet. Die aber stehen auch noch an ganz anderer Stelle in der Pflicht. Rund 80 Millionen Euro werden die Straßenbahnen kosten, die angeschafft werden müssen. Gemeinsam mit den Investitionskosten für das Zentralbad, so hört man, könnte es die Kreditlinie der Stadtwerke sprengen. Jetzt werden möglicherweise die dringend notwendigen Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr verschoben, gestreckt oder nur teilweise getätigt, damit die für die Stadtwerke völlig neue Aufgabe des Schwimmbadbetreibers übernommen werden kann. Da schüttelt sich die rheinische und auch die schwäbische Hausfrau. Für mich ist ganz klar: Investitionen dürfen nicht zu Lasten der Kernaufgaben gehen.
  5. Auf Heller und Cent – keine Blanko-Checks für Badeträume. Darauf haben wir Anspruch, wenn wir über ein Zentralbad entscheiden. Was genau kostet uns der Badespaß? Keiner kann es heute sagen – nur soviel: Es hat kaum ein öffentliches Projekt in Deutschland gegeben, dass sich im Kostenrahmen gehalten hat. Das weitere Millionen „baden gehen“ ist also durchaus möglich. Wer es nicht glaubt, sollte sich auch mal ganz in der Nähe umschauen. Königswinter hat da ganz eigene Erfahrungen mit dem Hallenbad-Plänen Ihres damaligen Ersten Beigeordneten Ashok-Alexander Sridharan, unseres heutigen Bonner Oberbürgermeisters.
  6. Eine Stadtgesellschaft lebt von Vielfalt und Zusammenhalt Was mich an der laufenden Diskussion ganz besonders stört, ist der Spaltpilz, der bewusst in unsere Stadt getragen wird. Da wird Hardtberg-Bad gegen das Frankenbad, Frankenbad gegen das Kurfürstenbad und alle gegen die Beueler Bütt, ausgespielt. Statt Zusammenhalt wird bewusst auf Stadtteilegoismen gesetzt, die letztlich an den Instinkt appellieren sollen: „Das Hemd ist uns näher als die Hose“. Das aber ist Gift im Klima einer Stadtgesellschaft. Die politisch Verantwortlichen sehe ich da an erster Stelle in der Pflicht, sich diesem Spaltpilz aktiv zu wiedersetzen, statt die Ängste und daraus wachsende Egoismen so zu befördern, damit am Ende ein Ergebnis steht, das man auf Biegen und Brechen durchsetzen will.
Nein, wir sind eine tolerante, bunte, vielfältige und auch immer mehr internationale Stadt. Nur darüber Reden schwingen bringt uns nichts. Diejenigen, die politische Verantwortung tragen, sollten das auch bei Fragen, wie dem anstehenden Bürgerentscheid, beherzigen. Deshalb stimme ich bei Bürgerentscheid „Kurfürstenbad bleibt!“ mit „JA“!